Wann dürfen Schrotträder entfernt werden?
Mittwoch, 1. Februar 2023
Sichere und gute Fahrradabstellanlagen sind eine wichtige Voraussetzung für die Verkehrswende. Die bestehenden Anlagen sind aber leider oft mit „entsorgten“ Fahrrädern blockiert. Wie geht man dagegen vor und dürfen die Räder einfach entfernt werden? Der pressedienst-fahrrad erklärt, was erlaubt ist.
Private Parkanlagenbetreiber:innen können eine Nutzungsordnung anbringen, die z. B. eine Höchstabstelldauer beinhaltet oder auch auf das Entfernen von fahruntauglichen Rädern hinweist. So entsteht eine rechtliche Grundlage. Im öffentlichen Raum besteht hingegen kaum Handlungsspielraum, weil hier unterschiedliche Regelungen greifen, die die Kommunen in der Handhabe einschränken. Fahrräder dürfen beispielsweise lediglich entfernt werden, wenn sie Baumaßnahmen oder Rettungswege blockieren. Die Infostelle Fahrradparken am Bahnhof der Deutschen Bahn und die Hochschule Mainz haben deshalb in einem Forschungsprojekt Punkte für einen Leitfaden erarbeitet, der einheitliches Handeln ermöglichen soll.
Ist es wirklich ein Schrottrad?
Grundlage hierfür ist die Frage, um welche Art von Rad es sich handelt: Schrottrad oder zurückgelassenes Rad? Bei Ersteren ist das Vorgehen relativ einfach. Als Schrottrad wird ein Fahrrad definiert, wenn es in keinem fahrfähigen Zustand mehr ist und ein hoher Aufwand für die Instandsetzung aufgebracht werden muss, zum Beispiel wenn mehrere Teile fehlen oder viel Rost zu sehen ist. Diese Räder können nach Kreislaufwirtschaftsgesetz direkt entsorgt werden. Ist das Rad hingegen noch grundsätzlich fahrbereit, handelt es sich um ein zurückgelassenes Rad. Für die Instandsetzung braucht es lediglich ein paar kleine Reparaturen. Anzeichen, etwa Spinnweben, Risse im Sattel und platte Reifen, lassen aber darauf schließen, dass das Rad seit längerem nicht mehr in Betrieb ist. Es müsste deshalb der/die Besitzer:in ausgemacht werden, was bei Fahrrädern schwierig bis unmöglich ist. Einen allgemein gültigen Prozess zum Entfernen der Räder gibt es deshalb nicht. Die Infostelle Fahrradparken am Bahnhof rät dazu, die identifizierten Räder zu markieren, beispielsweise mit einem Band. Sollte das Rad nach einem gewissen Zeitraum, zirka zwei bis vier Wochen, nicht bewegt worden sein, ist von einer Aufgabe durch die Besitzenden auszugehen. In der Praxis wird das Rad dann entfernt und etwa sechs Monate eingelagert. Falls sich immer noch niemand meldet, ist eine Spende oder Versteigerung möglich.
Probleme entstehen für größere Räder
Es bleibt jedoch in beiden Fällen das Problem, dass die zurückgelassenen Räder Abstellanlagen blockieren und unbrauchbar machen. „Für die Nutzer:innen von Dreirädern sind die meisten Parkanlagen sowieso schon schwierig, da sie in der Regel sehr platzsparend konstruiert werden. Dabei sind unsere Räder ganz bewusst auch für Menschen konzipiert, die nicht mehr gut zu Fuß sind und für die ein kippsicheres Trike das einzige Fahrzeug ist, mit dem sie selbstständig unterwegs sein können. Sie sind deshalb auf geräumige und gepflegte Abstellanlagen angewiesen, um ihr Rad auch sicher anschließen zu können“, erklärt Alexander Kraft vom Liegeradhersteller HP Velotechnik. Ähnliches gilt auch für Cargobikes oder Gefährte mit Anhänger, zum Beispiel zum Kindertransport. „Viele Eltern waren sicherlich schon einmal in der Situation, dass sie an einer Fahrradparkanlage fluchend rangieren mussten, da schief und krumm abgestellte Schrotträder den Wendekreis blockierten. Man sollte deshalb zweimal überlegen, ob man sein Rad einfach auf einem Radparkplatz verwahrlosen lässt“, sagt Katharina Zimmermann vom Anhängerspezialisten Croozer. Per Gesetz können Kommunen allerdings größere Parkplätze für Cargobikes ausweisen. Diese sind durch ein spezielles Verkehrsschild gekennzeichnet und die Abstände zwischen den Anlehnbügeln breiter ausgelegt. „Dass erste Kommunen derartige Flächen umsetzen, ist bereits ein gutes Zeichen. Aber es muss noch viel mehr in diesem Bereich passieren. Auch Akzeptanz in der Bevölkerung, weil die Cargoparkplätze oft auf Flächen von Autoparkplätzen entstehen“, so Ingo Kahnt vom Lastenradhersteller Ca Go. Er appelliert deshalb auch an die Vernunft der Radfahrenden, diese Parkflächen entsprechend für die breiteren Gefährte freizulassen und nicht mit Schrotträdern zuzustellen.
Saubere Abstellanlage steht für Sicherheit
Das regelmäßige Entfernen ist auch aus dem Grund wichtig, dass die nicht fahrtüchtigen Räder ein unsauberes Bild der Abstellanlage vermitteln. In der Folge fahren weniger Menschen mit dem Rad, weil sie denken, sie könnten es nicht sicher abstellen und eine unsaubere Abstellanlage auf Verwahrlosung hinweist. Da durch E‑Bikes der Wert von Fahrrädern steigt, legen die Nutzer:innen auch mehr Wert auf wertige, gepflegte Abstellmöglichkeiten. Als wetter- und vandalimusgeschützte Lösung bietet das auf Parkanlagen spezialisierte Unternehmen WSM sogenannte Bikeboxen an. Die Metallboxen können als Reihenanlage aufgebaut werden und dienen so als sichere Abstellanlage. An Bahnhöfen oder in Innenstädten gibt es auch Möglichkeiten, einzelne Boxen gegen Gebühr zu mieten.
So können Pendler:innen beispielsweise für einen fixen Abstellort ein Jahresabo abschließen, Gelegenheitsfahrer:innen per Handy eine Box für einen Tag oder eine Woche reservieren. „Die Nachfrage nach derartigen Lösungen steigt und ist ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende, um Fahrradparken in den Städten sauberer und populärer zu machen“, so WSM-Mitarbeiter Andreas Hombach. Ein weiterer Vorteil: Da durch die Buchung die Daten der Radfahrenden vorliegen, können Besitzer:innen eines Rades leichter ausfindig gemacht werden und die Gefahr einer Aufgabe sinkt, da der Parkplatz kostenpflichtig ist. „Die auf den ersten Blick höheren Kosten für derartige Anlagen bieten für die Kommunen langfristig ein Einsparpotenzial, weil sie sich nicht mehr um das Entfernen von Rädern kümmern müssen“, erklärt Hombach.
Thomas Geisler | pressedienst-fahrrad
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