Fahrradparkanlagen weiterdenken
Berlin, Hauptbahnhof. Etwas verdeckt vor Blicken, unter einer Bahnbrücke, wartet ein unscheinbares, aber wichtiges Zeichen für die zukünftige Infrastruktur. Hier stehen zwölf unterschiedliche Fahrradparkmöglichkeiten zu Testzwecken. Eingerichtet wurde das „Testfeld Fahrradparken“ von der Infostelle Fahrradparken, einem Unternehmen von DB Infra Go und gefördert vom Bundesamt für Verkehr. „Wir zeigen hier die Vielfalt, die es im Bereich Fahrradparken gibt“, sagt Jörg Welke, Leiter der Informationsstelle Fahrradparken. Getestet wird von Mitarbeiter:innen der Deutschen Bahn, die zu ihrem Arbeitsplatz mit dem Fahrrad kommen. Aber die Anlage verfolgt noch einen weiteren Zweck: „Wir wollen damit kommunale Vertreter:innen erreichen, die Fahrradparkanlagen an ihren Bahnhöfen planen und ihnen einen Überblick über die unterschiedlichen Fahrradparker geben“, sagt Welke. Je nach Lebenssituation sind Menschen auf anderen Typen von Fahrrädern angewiesen, was dann wiederum auf die Parksituation Auswirkungen hat.
Vielfältige Räder, vielfältige Parkmöglichkeiten
Die wachsende Anzahl an Lastenrädern, Rädern mit Anhänger oder Kindersitz, aber auch Dreirädern, stellt die Verkehrsplaner:innen beim Thema Parken vor neue Herausforderungen. Diese Räder lassen sich nicht an den „klassischen“ Anlehnparkern absperren. „Eine Alternative sind beispielsweise Bodenanker, wie man sie von Motorradparkplätzen kennt. Man zieht sein Schloss durch den Anker und anschließend durch den Rahmen. So ist das Rad fest angeschlossen“, weiß Torsten Mendel, PR-Manager beim Sicherheitsspezialisten Abus. Eine weitere Option sind tiefere Anlehnparker, die beispielsweise auch ein Absperren von Kinderrädern oder auch Kinderanhängern ermöglichen. „So vielfältig wie die Fahrräder sind, so vielfältig müssen auch die Fahrradbügel sein,“ sagt Jörg Welke.
Frauen stellen andere Ansprüche
Von den aktuellen Abstellanlagen würden in erster Linie männliche Nutzer profitieren. Das ergab eine Umfrage der Infostelle Fahrradparken. Frauen stellen hingegen andere Anforderungen: Sie möchten breitere Abstellanlagen, um auch einmal ein Spezialrad oder mit einem Anhänger parken zu können. Auch eine flächendeckende Beleuchtung und eine Videoüberwachung spielt für Frauen eine größere Rolle, um sich auf einen Radparkplatz sicher zu fühlen. „Ziel muss es sein, in den kommenden Jahren mehr Frauen aufs Rad zu bekommen. Aber Frauen nutzen im Alltag das Rad anders als Männer. Deshalb müssen ihre Bedürfnisse auch beim Parken berücksichtigt werden“, fordert Welke.
Stadt-Land-Gefälle bei der Planung
Dabei zeigt sich bei der Planung aber auch ein Stadt-Land-Gefälle. Bei Abstellanlagen auf dem Land werden weniger Parkplätze benötigt, weil weniger Menschen mit dem Rad fahren. Dafür gibt es genügend Platz, um auch Fahrradparkplätze für größere Gefährte einzuplanen. „Im ländlichen Raum ist, vom Auto abgesehen, ein Dreirad mangels fehlendem Öffentlichen Nahverkehr oftmals für ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung die einzige Möglichkeit, eigenständig mobil zu sein. Deshalb sollten auch ausreichend geräumige Abstellanlagen zum Abstellen der Fahrzeuge mit bedacht werden“, sagt Alexander Kraft, Pressesprecher bei der Spezialrad-Manufaktur HP Velotechnik. Zur Planung gehört da auch, dass die Zufahrtswege barrierefrei, ohne Absperrgitter und ausreichend breit angelegt sind.
In der Stadt hingegen ist der Raum für Fahrradparkanlagen begrenzt, dafür sind mehr Menschen mit dem Rad unterwegs. Hier braucht es Fahrradparkanlagen, die auf zwei Ebenen gedacht werden. Ein zweistöckiger Parker bietet den nötigen Platz, auf engem Raum mehr Räder unterzubringen, hat aber das Problem, das schwerere Räder nicht oben abgestellt werden, was beispielsweise auf E‑Bikes zutrifft. „Mangelnde sichere Abstellanlagen sind ein gern genutztes Argument, warum E‑Bikes in der städtischen Mobilität weniger genutzt werden. Der Trend zum leichten E‑Bike mit kleinem Akku kann deshalb ein Gamechanger werden – auch mit Blick auf das Thema Parken, weil die Räder leichter zu heben sind und somit mehr Parkoptionen zur Verfügung stehen“, sagt Katrin Lörch, PR-Managerin beim E‑Bike-Motorenhersteller Fazua.
Schutz vor Diebstahl, Wetter und Vandalismus
Zur Basisausstattung einer modernen, sicheren Fahrradabstellanlage gehört, dass man das Fahrrad oder E‑Bike fest anschließen kann, bestmöglich am Rahmen. „Das Fahrrad nicht nur abzuschließen, sondern fest anzuschließen, ist eine Grundvoraussetzung“, weiß Torsten Mendel. Ebenfalls wichtig: einen Wetterschutz in Form einer Überdachung bei der Planung zu berücksichtigen. Optional sind eine Videoüberwachung sowie eine flächendeckende Beleuchtung, was zusätzlichen Schutz vor Vandalismus bietet.