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„Wir haben unseren ökologischen Fußabdruck um fast 30 Prozent reduziert“

Vor fünf Jahren startete der E-Bike-Hersteller Riese & Müller seine Vision 2025. Ziel: Das nachhaltigste Unternehmen der E-Bike-Branche zu werden. Im Interview mit dem pressedienst-fahrrad spricht Sarah-Helene Sowa, als Head of Sustainability verantwortlich für den Nachhaltigkeitsbereich, welche Maßnahmen umgesetzt wurden und wie die gesamte Fahrradbranche davon profitieren kann.
Die Bildunterschrift wird in Bälde eingefügt. Sie können uns aber gern auch per E-Mail oder Telefon kontaktieren, wir helfen gerne weiter.https://www.pd-f.deImpressum/Imprint: pressedienst-fahrrad GmbH, Ortelsburger Str. 7, 37083 Göttingen, Germany, T: +49(0)551/9003377-0, info@pd-f.de, www.pd-f.de Quelle/Source: „www.r-m.de | pd-f“
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Stand: Juni / 2025

Frau Sowa, in der Fahrradsaison 2019/20 hat Riese & Müller die Vision kommuniziert, bis 2025 das nachhaltigste Unternehmen in der E‑Bike-Branche sein zu wollen. Jetzt haben wir das Jahr 2025. Wie ist der Stand? 

Sarah-Helene Sowa: Schauen wir erst mal auf die Ausgangslage: Vor fünf Jahren spielte Nachhaltigkeit in der Fahrradbranche kaum eine Rolle. Radfahren wurde automatisch als nachhaltig angesehen. Aber dann hörte es an vielen Stellen schon auf. Fragen nach Materialien, Nutzungsdauer oder Recyclingfähigkeit wurden einfach nicht gestellt. Unsere Intention war deshalb, die Branche ein Stück weit wachzurütteln, damit sie sich mit konkreter Nachhaltigkeit am Produkt auseinandersetzt. 

Hatten Sie einen genauen Plan, wie das Wachrütteln aussehen sollte?

Wir wussten vor fünf Jahren selbst nicht genau, wohin uns die Reise führen würde. Also haben wir zuerst den Blick auf unseren Standort Mühltal gerichtet. Schnell wurde aber klar, dass Einkauf, die in den Komponenten verwendeten Materialien und der Transport ebenfalls wichtige Themen sind. Wenn wir zum Beispiel Produkte aus Asien kaufen, haben wir deutlich höhere Transportemissionen als bei Komponenten aus Europa. Wir haben in den letzten fünf Jahren viele Prozesse angeschaut, uns nicht vor Problemen versteckt und große Baustellen transparent gemacht. Dadurch haben wir sehr viel gelernt und erreicht, sei es beim Thema Recyclingfähigkeit oder bei Verpackungen. Hier haben wir messbare Fortschritte erzielt. Im Vergleich zu 2019/20 konnten wir unseren ökologischen Fußabdruck (dargestellt in unserer Klimabilanz) um fast 30 Prozent reduzieren, obwohl wir im letzten Jahr 20 Prozent mehr Bikes als noch vor fünf Jahren gefertigt haben. Pro produziertem E‑Bike konnten wir den ökologischen Fußabdruck sogar um 40 Prozent reduzieren. 

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Können Sie ein Beispiel nennen, wie diese Einsparungen erreicht wurden?

Ein sehr gutes Beispiel ist die Herstellung unserer Rahmen, die zu 100 Prozent aus Aluminium bestehen. Der Rahmen ist der Hauptbestandteil des Rades, deshalb liegt hier ein Riesenpotenzial. Denn ein großer Teil der Emissionen, die unsere Produkte im Herstellungsprozess verursachen, liegt bei den Zulieferern. Deswegen haben wir angefangen, gemeinsam mit unseren Lieferanten Informationen zu Nachhaltigkeit, Beschaffungsrichtlinien, verwendeten Materialien und Menschenrechten zusammenzutragen. Dabei haben wir Aluminium als ein sogenanntes Risikomaterial identifiziert.

Was bedeutet das? 

Der Rohstoff Aluminium wird aus Bauxit hergestellt, das wiederum in Minen abgebaut wird, beispielsweise in Brasilien, Guinea, China oder Australien – und damit in vielen Ländern, aus denen Menschenrechtsverletzungen bekannt sind. Da besteht bereits eine besondere Sorgfaltspflicht in der Lieferkette. Nach dem Abbau wird Bauxit zu Aluminium weiterverarbeitet. Das passiert beispielsweise in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain oder China. Anschließend werden die Aluminiumstränge zu den Rahmenherstellern geliefert – vermehrt nach Asien, z. B. Vietnam oder Taiwan. Wenn man sich in diese Herstellungskette hineindenkt, wird klar: Das Material reist oft bereits vor der Herstellung eines Fahrradrahmens einmal um die halbe Welt. Zudem ist die Aluminiumproduktion ein extrem energieintensiver Prozess. Also haben wir Menschenrechtsthemen, hohen Energieaufwand und hohe Transportemissionen allein bei der Herstellung des Materials. Wir haben schnell erkannt: Da müssen wir ran! Wenn wir es schaffen, in der Produktion nachhaltiger zu wirtschaften, haben wir extrem viel erreicht für uns und unsere Produkte. Und wir finden im Idealfall auch Lösungen, von denen andere Hersteller profitieren können.

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Wie sieht der Lösungsansatz aus? 

Recyceltes Aluminium. Denn der Recyclingprozess benötigt mit fünf Prozent nur einen Bruchteil der Energie, der bei der Herstellung von Primäraluminium benötigt wird. In der Automobilindustrie wird Aluminium-Recycling bereits seit vielen Jahren praktiziert. Unsere Rahmenbauer aus Asien waren zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht in der Lage dazu. Deshalb haben wir uns Partner in Europa gesucht. Mit dem Rahmenbauer Triangles in Portugal und dem norwegischen Aluminiumproduzenten Hydro, die ebenfalls ein Werk in Portugal haben, haben wir dann ein Konzept für Fahrradrahmen entwickelt, die anteilig ASI-zertifiziertes, recyceltes Aluminium beinhalten. Das Projekt war sehr zeitaufwendig, weil es das so vorher noch nicht gab. 

Wie wirkt sich das Aluminium-Recycling auf die Klimabilanz aus? 

Ich habe die Werke von Triangles und Hydro im letzten Jahr besucht und dort gelernt: Hydro kauft Aluminiumschrott bei Altmetallhändlern aus der Region und stellt daraus wieder neues Rohmaterial her. Zusätzlich werden Reste aus der eigenen Produktion verwendet. Ein kleinerer Anteil an Primäraluminium ist noch enthalten, aber der Hauptbestandteil der von Triangles eingekauften Aluminiumstränge beinhaltet Recyclingmaterial. Das recycelte Aluminium kommt dann in das Werk von Triangles. Das sind bereits kurze Wege. Die fertigen Rahmen erreichen uns in Mühltal dann über den Landweg, was die Transportemissionen deutlich senkt. Der Branche zeigen wir damit: Es funktioniert! 

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Ein aktueller Trend im Fahrradbereich sind E‑Bikes mit leichten Rahmen aus Carbon. Aus nachhaltiger Sicht ein Problem?

Absolut. Auch wenn Carbon seine Vorteile hat, besteht aus Nachhaltigkeitssicht ein großes Problem: Carbon kann man praktisch nicht recyceln, zusätzlich ist die Herstellung energieintensiv. Wir setzen deshalb weiterhin auf Aluminiumrahmen.

Wie haben eigentlich die außereuropäischen Zulieferer reagiert? Sind sie von Nachhaltigkeitsthemen zu begeistern? 

Wir sprechen mit unseren Lieferanten deutlich intensiver über das Thema Nachhaltigkeit als noch vor fünf Jahren. Und wenn andere Hersteller die Themen aufgreifen, steigt beim Lieferanten auch die Aufmerksamkeit. Es ist aber bei weitem nicht so, dass wir alle Partnerschaften in Asien einstellen würden und nur noch Zulieferer in Europa hätten. Das geht nicht – auch mit unseren asiatischen Lieferanten pflegen wir langjährige, vertrauensvolle Partnerschaften. Aber: Wir kaufen mittlerweile über 60 Prozent unserer Komponenten in Europa, deutlich mehr als noch vor fünf Jahren. Das merken auch die Lieferanten in Asien, wo das Thema jetzt mehr in den Fokus rückt. Viele arbeiten bereits daran, mehr Nachhaltigkeit in ihre Produkte zu bringen, beispielsweise durch effizientere Energieerzeugung und den Einsatz recycelter Materialien. Wenn man darüber spricht und die Wichtigkeit aufzeigt, dann passiert auch etwas.

„Als wir vor fünf Jahren die ersten Daten erhoben haben, haben wir schnell identifiziert, dass ein enormes Einsparpotenzial beim Transport liegt. “
Sarah-Helene Sowa

Wenn man sich die Zahlen im neuen Nachhaltigkeitsbericht anschaut, sieht man aber auch, dass die Emissionen während der Corona-Phase stark nach oben gingen. Was waren dafür die Gründe? 

Als wir vor fünf Jahren die ersten Daten erhoben haben, haben wir schnell identifiziert, dass ein enormes Einsparpotenzial beim Transport liegt. Aber dann kam die Corona-Phase mit einer starken Nachfrage bei gleichzeitig eingeschränkten Lieferketten. Um die Nachfrage zu bedienen, brauchten wir schnell Teile – und die mussten wir öfter per Luftfracht ordern, um lieferfähig zu bleiben. Anschließend war die Sperrung des Suezkanals ein großes Thema, das sich bis heute auf die Transportwege und Emissionen auswirkt. Man sieht: Es gibt immer wieder externe Ereignisse, die wir nicht beeinflussen können, aber mit denen wir umgehen müssen. Diese sorgen bei unserer Klimabilanz für Rückschläge.

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Auch politisch ist das Thema Nachhaltigkeit aktuell nicht mehr im Fokus wie noch vor ein paar Jahren. Hat das Auswirkungen auf die eigene Arbeit?

Der Rückenwind für das Thema Nachhaltigkeit nimmt zur Zeit ab – bei vielen Unternehmen und in der gesellschaftlichen Wahrnehmung allgemein. Auch politisch lässt der Druck nach. Da bekommt man manchmal den Eindruck, es sei ein Thema nur für gute Zeiten. Bei uns ist es ein Thema für immer. Wir machen Nachhaltigkeit aus eigenem Antrieb und Selbstverpflichtung. Wir unterliegen keinem Gesetz, müssen keine Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Wir machen das alles freiwillig. Was wir gestartet haben, führen wir konsequent weiter und damit hören wir auch nicht auf. Vision 2025 bedeutet für uns nicht: 2025 ist erreicht, wir können viele tolle Zahlen zeigen und das Thema ist erledigt. Das ist natürlich nicht der Fall. Wir entdecken immer wieder neue Themen und Potenziale, die wir bislang vielleicht noch nicht erkannt haben. Nachhaltigkeit ist ein nie aufhörender Prozess.  

Gibt es schon konkrete Maßnahmen, die in nächster Zeit umgesetzt werden? 

Bei den Themen Rahmenbau und der Belieferung unserer Händler mit Mehrwegverpackungen sind wir mit innovativen Lösungen vorangegangen, um zu zeigen, dass es geht. Diese Projekte wollen wir jetzt auf die Branche ausbreiten. Darin sind wir gerade sehr stark involviert. Und natürlich gibt es noch einige hausinterne Projekte, wo wir an den nächsten Stellschrauben drehen. Vielleicht entstehen dabei auch wieder Ideen, die der ganzen Branche weiterhelfen.

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Übrigens:

ASI-Zertifizierung
Um die Nachhaltigkeit sicher zu stellen, halten sie Aluminiumhersteller an den Aluminium Stewardship Initiative (ASI)-Standard. Die Zertifizierung dient als Beleg, um die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der gesamten Aluminiumindustrie zu unterstreichen.

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