E‑Power: Die Position entscheidet





Donnerstag, 27. April 2017
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- Vorne, mittig, hinten: Der Motorenmarkt beim E-Bike ist heiß umkämpft
- Mittelmotor ist für viele die Premiumlösung, hat aber auch Kritiker
- Hinterradnabenmotor eröffnet vielseitiges Spektrum
- Vorderradnabenmotor als preisgünstige Einstiegslösung
- Nachrüstmotor mit Skepsis zu beurteilen
Höher, schneller, weiter, besser: Der E‑Bike-Markt ist mächtig in Bewegung und bringt im schnellen Takt neue Produkte und Innovationen auf den Markt. Hier gilt es, den Überblick zu bewahren. Das fängt bereits bei der Wahl der Motorposition an. Der pressedienst-fahrrad erklärt die unterschiedlichen Varianten.
Wir haben unser Bildarchiv aktualisiert. Dabei wurden ältere Bilder entfernt – darunter das hier verlinkte. Melden Sie sich einfach für passende Motive zum Artikel: 0551–9003377‑0.Die Beziehung von Drehzahl und Drehmoment
Doch bevor es um die Vorzüge der einzelnen Motorpositionen geht, kurz ein paar allgemeine Fakten zum Elektromotor. Diese beziehen sich auf Pedelecs, da diese Räder mit über 95 Prozent Marktanteil die gängigste Form der Anwendung sind. Für die Umwandlung von elektrischer Energie in mechanische werden beim Elektrofahrrad fast ausnahmslos Gleichstrommotoren verwendet. Sie unterstützen das Pedalieren beim Pedelec bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h und haben eine maximale Nennleistung von 250 Watt. Die Leistung des Motors berechnet sich durch die Multiplikation aus Drehmoment und Drehzahl. „Bei hohen Beanspruchungen wie Bergfahrten kann der Elektromotor eine durchaus höhere Spitzenleistung als die Nennleistung von 250 Watt bringen,“ so Anja Knaus,
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Wegbereiter des Mittelmotors waren die japanischen Hersteller Yamaha und Panasonic, die schon Anfang der Neunziger in Serie fertigten. Mit dem Markteinstieg von Bosch 2010 hat diese Antriebsversion ihren endgültigen Durchbruch erreicht. Mittlerweile hat der Tretlagermotor in Deutschland die größte Verbreitung. Der große Vorteil des Mittelmotors liegt darin, dass er über ein Schaltgetriebe wie Ketten- oder Nabenschaltung mit dem Hinterrad verbunden ist. Durch die Gangschaltung kann man, wie beim Fahrrad ohne E‑Antrieb, abhängig von der Fahrgeschwindigkeit die Übersetzung ändern. Dadurch kann der Motor in seinem günstigsten Wirkungsgradbereich und der höchsten Leistungsabgabe arbeiten. „Vor allem beim Bergauffahren ist dadurch die Reichweite deutlich größer als beim Nabenmotor, es wird ein Überhitzen vermieden und im kleinen Gang ist auch das Drehmoment am Hinterrad viel größer. Ein Nabenmotor ist hingegen wie ein Fixie ein Eingangmodell und nur für einen schmalen Geschwindigkeitsbereich gut“, erklärt Markus Riese.
Zudem besitzen die Mittelmotoren ein Getriebe, das heißt eine interne Übersetzung, um im optimalen Wirkungsgrad zu arbeiten. Der schweizerische E‑Bike-Pionier Flyer präsentiert in Zusammenarbeit mit Panasonic gar einen
Doch zwei „Probleme“ bleiben bestehen: Der Antriebsstrang aus Kettenblatt, Kette und Kassette schluckt bei Tretlagersystemen etwas Leistung. So kommt nicht das volle Drehmoment des Mensch-Maschine-Hybridmotors am Hinterrad an, wo die Power gebraucht wird. Das kann
Mittelmotoren kommen auch bei „ausgefallenen“ Rädern wie Cargo-Bikes oder Liegerädern zum Einsatz. „Bei uns wird der Mittelmotor zum Frontmotor, da das Tretlager bei uns an vorderster Front arbeitet “, erläutert Alexander Kraft, Pressesprecher beim Liegeradhersteller HP Velotechnik. Beim Liegerad ist aber durchaus der Einsatz eines Hinterradnabenmotors sinnvoll. „Das kleine Plus ist, dass man durch die Nabe mehr Gewicht am Antrieb hat und so die Traktion verbessert. Dank Baukaustensystem können die Kunden bei uns wählen – beide Varianten funktionieren tadellos.“
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Die Fahrer von Hinterradnabenmotoren schätzen das direkte Ansprechen der Aggregate, ihre Laufruhe und die Fahrdynamik des wie gewohnt vom Hinterrad kommenden Schubs. Ein weiterer Vorteil des Hinterradmotors: Man kann das Hinterrad austauschen und hat ein normales Fahrrad. Da die Motorwelle gleichzeitig als Hinterradnabe dient, kommen manche Motoren ohne interne Übersetzung aus. Sie gelten als äußerst robust und resistent gegen mechanische Ausfälle. „Weder Getriebe noch Antriebsstrang erzeugen einen Widerstand, weshalb der mechanische Wirkungsgrad sehr hoch ist“, erklärt Stefan Stiener, Geschäftsführer des Reiseradspezialisten Velotraum. Weil Kette und Ritzel vom Motorantrieb entkoppelt arbeiten, gilt der Komponentenverschleiß als wesentlich geringer im Vergleich zum Mittelmotor. „Neben der sportlichen Fahrweise ist mit dem Hinterradnabenmotor auch ein klassischerer Designansatz beim Rahmen umsetzbar. So lässt er sich
Stärker ins Gewicht fällt hingegen, dass Hinterradnabenmotoren nicht mit Nabenschaltungen kombinierbar sind. Als Lösung bietet sich zum Beispiel die Zentralgetriebeschaltung von Pinion an. „Beide Komponenten, also das Getriebe und der Heckmotor, sind extrem wartungsarm und damit eine gute Wahl für Vielfahrer, die ein zuverlässiges und leistungsstarkes Pedelec suchen“, erklärt Andrea Escher von Pinion. Durch das breite Übersetzungsspektrum der Schaltung und die große Spreizung der Gänge kann die Drehzahl des Hinterradnabenmotors motorschonend hoch gehalten und Überhitzung verhindert werden. Fahrradexperten rechnen damit, dass diese Kombination in Zukunft gerade für S‑Pedelecs bis 45 km/h interessant werden kann.
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Auf der anderen Seite liegt der Vorderradnabenmotor. Dieser wird fast nur noch bei Rädern im preislichen Einstiegsbereich für E‑Bikes ab 1.000 Euro verbaut. Hier besteht weniger Entwicklungsaufwand, da der Motor keinen direkten Kontakt zum Antriebssystem hat. Das System ist dadurch mit jeder Schaltung kompatibel, auch eine Rücktrittbremse ist problemlos möglich. Längere Kabelwege erhöhen jedoch die Störanfälligkeit. Außerdem belasten die stärkeren Kräfte insbesondere im Gabelbereich den Rahmen, was zu Rahmenbrüchen führen kann. Der Einsatz einer komfortablen Federgabel ist ebenfalls schwieriger zu realisieren. Zudem ändert sich das Fahrverhalten der Räder: Während bei einem Fahrrad gewöhnlich der Schub von hinten kommt, wirkt hier die komplette Motorkraft am Vorderrad. Der E‑Biker bekommt gerade am Berg ein Gefühl, als ob er hinaufgezogen würde. Die daraus resultierende schlechtere Traktion kann zu einem Wegrutschen des Rades bei Nässe oder auf losem Untergrund führen. Das Argument, dass bei Frontnabenmotoren kein Nabendynamo verbaut werden kann, ist hingegen hinfällig: Seit einer Gesetzesänderung 2013 darf die Beleuchtung aus dem E‑Bike-Akku gespeist werden. Einen neuen Einsatzzweck bekommt der Vorderradnabenmotor jetzt an Falträdern. „Ein Grund ist der komplexe Faltmechanismus bei Brompton-Rädern“, erklärt Henning Voss vom deutschen Brompton-Partner Voss Spezial-Rad. Wesentliche Vorteile erzielt der Nabenmotor beim Faltrad, da er kleiner und kompakter als ein vergleichbarer Mittelmotor ist. So falle gerade beim Tragen und Falten das Mehrgewicht von Motor und Akku weniger ist Gewicht.
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Heikel aus rechtlicher Sicht ist hingegen das Thema Nachrüstantriebe. Diese gibt es wahlweise ebenfalls als Tretlager- oder Nabenvariante und sogar als Reibantriebe, die am Reifen anliegen. Die Nachrüst-Kits punkten durch ein niedrigeres Gewicht als Komplettsysteme. Systemhersteller argumentieren außerdem damit, dass man sein aktuelles Rad behalten könne und so auch Geld spare gegenüber der Neuinvestition in ein E‑Bike. Jedes Fahrrad könne so zum E‑Bike gemacht werden. Doch Vorsicht: Das mag zwar technisch in vielen Fällen möglich sein, rein rechtlich birgt es jedoch Stolperfallen. Falls ein Fahrradhändler den Umbau vornimmt, wird er dadurch automatisch zum Hersteller des E‑Bikes – mit allen Pflichten und Haftungsansprüchen. Deshalb kooperieren manche Anbieter von Nachrüstmotoren mit Versicherungsanbietern, die bei Haftungsansprüchen im Schadensfall einspringen und den Handel entlasten. Jedoch bleibt dabei das Problem, dass die wenigsten Rahmen auf die Mehrbelastungen einer E‑Unterstützung ausgelegt sind. Das kann beispielsweise zu Rahmenbrüchen oder Gabelproblemen führen. Darum gehen manche Fahrrad- und Antriebshersteller dazu über, spezielle Fahrradrahmen zu entwickeln, die sie als „E‑Bike ready“ betiteln. Die Rahmen sind dabei auf die höheren Ansprüche für die Aufnahme eines E‑Bike-Motors vorbereitet und mit oder ohne Antrieb erhältlich. Ein Thema bei dem Alexander Kraft nur lächeln kann: HP Velotechnik bietet seit 2018 die Option der Nachrüstung als hauseigenen Service an. Die motorisierten Räder werden dafür nochmals intensiv vom Hersteller geprüft. „So können wir für das neue Fahrzeug eine CE-Erklärung abgeben“, versichert Kraft.
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