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Sattel und Gesäß: Fahrradfahren ohne Schmerzen
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Donnerstag, 5. März 2015

*** Bitte beachten Sie: Dieser Artikel ist zwei Jahre alt oder älter. Wir haben ihn nicht gelöscht, weil Inhalte wie Tipps, Hintergründe und Technisches noch immer gültig sind. Ansprechpartner, Produkte und Preise können sich aber zwischenzeitlich geändert haben. Für ein Update rufen Sie uns bitte an! ***

Schmerzen können das Fahrradfahren zur Qual machen. Noch deutlich vor Problemen mit Knie oder Rücken wird dabei über Sitzprobleme geklagt. Es liegt nahe, hier den Sattel als Wurzel allen Übels auszumachen, doch ein anderes, formschlüssiges Modell kann dem Po nur dann Linderung verschaffen, wenn auch Rad und Fahrer zueinander passen. Was es zu beachten gilt, beleuchtet der pressedienst-fahrrad.

Der Sattel ist nicht immer schuld

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[pd‑f/ht] Die Verbindung Fahrrad-Mensch ist ein Gesamtsystem, bei dem viele Parameter eine Rolle spielen. Der Sattel stellt dabei neben Lenker und Pedalen nur eine von drei Kontaktzonen dar. „Wenn die Geometrie des Fahrrads nicht stimmt, lassen sich Schmerzen auch mit dem besten Sattel nicht vermeiden“, bringt es Stefan Stiener von Velotraum auf den Punkt. In anderen Worten: Beim Fahrrad liegt die Ursache von Problemen nicht immer dort, wo Beschwerden auftreten.

Fahrradsattel richtig einstellen

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Ob das Rad grundsätzlich passt und richtig eingestellt ist, erfordert strenggenommen eine komplexe Analyse. Bei Velotraum und ihren Partnerhändlern etwa kommt dabei neben langjährig angesammeltem Wissen eine eigens entwickelte Messmaschine zum Einsatz. Ungleich gröber – und damit bei chronischen Schmerzen nur eine Notlösung – ist eine Methode, bei der abhängig von der Sattelhöhe auf zwei Parameter geachtet wird: Zunächst wird der Sattel so eingestellt, dass man bei durchgestrecktem Bein mit der Ferse auf dem Pedal stehen kann; das Pedal befindet sich dabei in seiner tiefsten Position. Später, beim Pedalieren mit dem Vorderfuß, bleibt das Knie somit immer leicht angewinkelt. Passt die Rahmenhöhe, befinden sich Sattel und Lenker jetzt bei Trekkingrädern etwa auf gleicher Höhe, bei Citybikes ist der Lenker etwas höher, bei sportlichen Fahrrädern tiefer. Stimmt auch die Rahmenlänge, sind die Lenkgriffe jetzt gut erreichbar, ohne dass man die Arme durchstrecken muss. „Auf eher sportlichen Rädern bilden Arme und Oberkörper dabei in etwa einen rechten Winkel, bei Citybikes und Hollandrädern ist der Winkel deutlich kleiner“, erklärt Harald Troost vom Fahrradhersteller Koga.

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Der Sattel selbst wird möglichst waagerecht ausgerichtet. „Vor allem wenn der Sattel nach vorne geneigt ist, rutscht man beim Fahren regelrecht herunter. Unweigerlich werden dann verstärkt die Hände belastet, und es kommt hier zu Problemen – selbst wenn mit Lenker, Griffen und Vorbau alles in Ordnung ist“, erläutert Monica Savio vom Sattelhersteller Selle Royal. Auch auf der horizontalen Ebene sollte der Sattel richtig eingestellt sein. Das ist er, wenn bei waagerechter Stellung der Tretkurbel die Kniescheibe des vorderen Beins senkrecht über der Pedalachse steht (der Fuß liegt dabei wie beim Fahren mit dem Ballen auf dem Pedal auf). Ist das nicht der Fall, wird der Sattel auf dem Sattelgestell entsprechend vor oder zurück geschoben.

Stimmen diese Einstellungen und es treten immer noch Probleme auf, liegt es wohl tatsächlich an einem falschen Sattel. Aber worauf gilt es dann zu achten?

Sitzhaltung und Anatomie

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Den idealen Sattel gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die diversen Fahrradtypen, zu verschieden die anatomischen Voraussetzungen der Fahrer. Generell gilt: Je aufrechter die Fahrposition, desto breiter der Sattel. Ein typischer Vertreter für den Einsatz auf Citybikes ist etwa der Selle Royal „Coast“ (44,90 Euro) mit der besonders stoßabsorbierenden „Royalgel“-Polsterung des italienischen Sattelspezialisten. Da das Gewicht des Fahrers vor allem auf dem hinteren Teil lastet, kann die „Nase“, also der vordere Teil, schmal gehalten werden. Das ermöglicht es, störungsfrei zu treten, d. h. ohne dass die Oberschenkel am Sattel reiben.

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Entscheidend für die geeignete Sattelbreite ist aber nicht nur die Haltung auf dem Rad, sondern ganz maßgeblich der Abstand der sogenannten Sitzbeinhöcker – also den Knochenpartien an der Unterseite des Beckens, die beim Sitzen den Großteil der Stützarbeit verrichten. Im Schnitt liegen diese bei Frauen weiter auseinander als bei Männern; früher wurde daher generell zwischen Damen- und Herrensätteln unterschieden. Die individuellen Unterschiede sind jedoch sehr groß und es gibt daher große Schnittmengen über die Geschlechter, also werden viele Sättel als Unisex-Variante angeboten. Wer große Schwierigkeiten mit Standardsätteln hat, lässt die Position seiner Sitzbeinhöcker am besten bei einem Fachhändler vermessen, der diesen Service anbietet. Dafür gibt es verschiedene Systeme, mit denen man die Messung zum Teil sogar selbst durchführen kann, allerdings kann der Händler das Ergebnis anschließend auch einordnen und beratend zur Seite stehen.

Zu weich kann hart werden

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Reinrassige Rennradsättel wie der „Aliante R3“ von Fizik (ab 169 Euro) sind nicht nur lang und schmal, sondern auch hart. Statt weich gepolstert sitzt man hier auf Carbon und Kevlar. Das hört sich unbequem an, ist es aber gar nicht, denn die Belastung sollte nicht gleichmäßig, sondern vielmehr sinnvoll verteilt werden. Das heißt, dass besonders der empfindliche Dammbereich zwischen Sitzbeinhöckern und Schambein – im vorderen Teil des Beckens – von der Stützarbeit ausgenommen bleibt. Sinkt der Po nämlich zu weit ein, werden die hier verlaufenden Gefäße und Nerven gequetscht, es kommt zu Durchblutungsstörungen und Taubheitsgefühlen. Die dicke, oft durch Gel-Einlagen unterstützte Polsterung bei Citybike-Sätteln dient dementsprechend weniger dem Zweck, das Gesäß weich zu betten, sondern gleicht die Nachteile einer aufrechten Position aus: Zum einen ruht
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dabei nämlich der Großteil des Körpergewichts auf dem Sattel, zum anderen schlagen Stöße besonders stark auf die Wirbelsäule durch. Deswegen ist bei breiten Sätteln oft zusätzlich das Sattelgestell gefedert. Besonders bei E‑Bikes für den Alltagsbetrieb kommt noch dazu, dass beim gemütlichen Pedalieren ein Teil der Stützkraft durch die Beine wegfällt und dafür am Sattel zu Buche schlägt. Je sportlicher die Fahrweise, desto mehr Gewicht drückt dagegen in die Pedale. Allerdings besteht gerade hier wiederum die Gefahr einer übermäßigen Belastung des Schambeins. In deren Folge richtet sich automatisch das Becken auf und es kommt zu Beschwerden vor allem im Rückenbereich.

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Ganz ohne Polster geht es auf sportlichen Rädern natürlich nicht. Meist kommen Radhosen mit eingearbeiteten Sitzpolstern zum Einsatz. „Wichtig ist, dass diese jede Bewegung reibungsfrei mitmachen“, erklärt Stephanie Herrling von Vaude. Dazu gehören neben einer guten Passform und dem Einsatz von hochwertigen atmungsaktiven Funktionsmaterialien – schweißnasse Polster scheuern und reizen die Haut – flach ausgeführte Nähte, die nicht drücken. Ein ähnliches Problem ergibt sich bei Sätteln mit Aussparungen im Dammbereich. Diese sollen die sensiblen Stellen entlasten, müssen dafür aber exakt passen, ansonsten drohen an den Kanten Druckbeschwerden.

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Gerade Reise- und Langstreckenradler schwören dagegen nach wie vor auf Kernledersättel wie den Klassiker „B17“ von Brooks (110 Euro). Diese Sättel müssen erst „eingeritten“ werden und erscheinen zu Beginn eher unbequem. Ihre Form passt sich jedoch nach und nach der individuellen Anatomie an. Allerdings ist das Leder anfällig gegenüber Witterungseinflüssen und muss regelmäßig gepflegt sowie ab und an nachgespannt werden. Bei guter Pflege halten Kernledersättel dann allerdings eine kleine Ewigkeit.

Kontrolle und Komfort

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Manche Sättel besitzen aus Komfortgründen überhaupt keine Nase. Das bietet gewisse Vorteile, bedeutet aber gleichzeitig weniger Kontrolle über das Rad. Das Gegenbeispiel illustrieren Sättel, die in erster Linie gar nicht zum Sitzen gedacht sind wie der „Apollo“ von SDG (44,90 Euro). Dieser Sattel ist für den Dirtbike- und Slopestyle-Bereich konzipiert, also vornehmlich für Sprünge und Tricks. Die breite, griffige Sattelnase hilft dabei, das Rad mit den Schenkeln zu führen, während die Polsterung weniger der Bequemlichkeit geschuldet ist, sondern vor allem vor Verletzungen schützen soll.

Eine kleine Gruppe von Radfahrern schüttelt bei diesen Fragestellungen allerdings lächelnd den Kopf, denn sie tauscht den Sattel gleich ganz ein: Auf dem Liegerad schmiegt sich der Körper großflächig in einen bequemen, ergonomisch geformten Sitz. „Über Schmerzen an heiklen Stellen hat sich bisher noch keiner unserer Kunden beklagt“, berichtet Daniel Pulvermüller, Entwicklungschef bei HP Velotechnik, und verweist auf eine Untersuchung des Sportmediziners und Urologen Prof. Frank Sommer: „Der hat bei Liegeradlern nachgemessen und festgestellt: So gut durchblutet – das schafft kein noch so gut konstruierter Sattel.“

Übrigens: Nach längerer Pause ist es völlig normal, dass der Sattel zunächst unbequem ist. Und auch wer oft und lange fährt, weiß: Nur mit aufrechter Körperspannung und dynamischem Sitzen, d. h. von Zeit zu Zeit die Sitzposition zu verändern und öfter mal aus dem Sattel zu gehen, wird man auf Dauer mit dem richtigen Sattel glücklich.

 


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