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Ein Mann und ein Kind fahren auf Fahrrädern eine Straße zwischen Wohnhäusern entlang.

Fahrradschule für Kinder und Eltern
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Mittwoch, 10. Juli 2019

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Damit Kinder mehr Rad fahren, sind Eltern als Vorbilder gefordert. Eine Kölner Grundschule lädt deshalb zur obligatorischen Verkehrsprüfung neben den Schulkindern auch deren Eltern zum Fahrradtraining ein. Der pressedienst-fahrrad hat an einer dieser Schulungen teilgenommen. Die Erkenntnis: Selbst langjährige Radfahrer können noch einiges lernen und mit so mancher eingeschliffenen Gewohnheit brechen.

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[pd‑f] „Und jetzt der Uhu: Uumschauen, Haaandzeichen, uuumschauen“, ruft der nette Polizist und macht vor, wie der „amtliche“ Abbiegevorgang eingeleitet wird. „Uumschauen, Haaandzeichen, uuumschauen“, schallt es durch das Rauschen des morgendlichen Verkehrs von den Radlerinnen und Radlern in gelben und blauen Westen zurück. Und: „Können Sie etwas lauter sprechen? Hier hinten kommt das kaum an.“

Der Polizeihauptkommissar scheint seine liebe Not mit den Eltern einer Grundschule in Köln zu haben, lässt es sich aber nicht anmerken. Auch den Diskussionsfreudigen, die es mindestens ebenso gut, wenn nicht sogar besser zu wissen glauben, begegnet er eher freundlich als bestimmt. Denn er weiß: Ohne Eltern wird es nichts mit radfahrendem Nachwuchs. „Wenn Mütter und Väter nicht aktiv mitwirken, wird es umso schwerer, Kinder fürs Radfahren zu begeistern. Solche Programme sind deshalb sehr sinnvoll“, bestätigt Guido Meitler vom Kinderradspezialisten Puky, der viel mit Schulen und Förderprogrammen zu tun hat. Der nachfahrende Nachwuchs ist noch eine gute Stunde in den Klassen – und bis dahin sollen die Eltern eine grundlegende Idee davon haben, was sie den Neun- und Zehnjährigen in den kommenden Tagen vermitteln sollen: Abbiegen nach rechts und links, die korrekte Vorgehensweise bei „Rechts-vor-links“-Kreuzungen, richtiges Anhalten und Absteigen und noch ein paar Dinge, mit denen man „sicher und gesund“ durch den Stadtverkehr kommt, die aber in letzter Konsequenz kaum jemand beherzigt.

 

Aufsteigen bitte von rechts

Der elterliche Lernprozess beginnt schon vor der Tour mit dem Auf- und Absteigen. „Glauben Sie, dass Sie von rechts aufs Fahrrad steigen können?“, fragt der Beamte in die Runde. Ein paar Hände gehen hoch, einige recht zögerlich. Auf dem Schulhof wird geübt, und es ist gar nicht so einfach, gegen die jahrzehntelange Gewohnheit anzukämpfen – auch wenn der Sinn der Sache allen klar ist: Wer von rechts auf- und nach rechts absteigt, ist in brenzligen Situationen immer ein Stückchen weiter weg vom Verkehr und kann sich notfalls zwischen parkenden Fahrzeugen in Sicherheit bringen.

Auch der Fahrradhelm ist so eine Sache. Mindestens ein silbergrünes Exemplar mit der Aufschrift „Polizei“ ist an diesen Tagen ständig im Einsatz, denn bei vielen Erwachsenen ist der Helm dauerhaft zuhause im Schrank geparkt. „Passiert ja nichts“, ist ein Mantra, das Verkehrshüter gerne mit der Schilderung schrecklicher Fahrradunfälle kontern. Unachtsame Momente bei Schritttempo, die das Leben von Familien für immer verändern; Augenblicke der Unachtsamkeit mit tödlichen Folgen. „Unter Grundschulkindern ist Helmtragen mittlerweile zum Glück die Regel und nicht die Ausnahme. Das Problem sind eher die Eltern. Sie sollten ihrer Vorbildfunktion nachkommen und einen Helm im Alltag tragen“, sagt Torsten Mendel vom Helmspezialisten Abus.

 

Vorbildfunktion: Bitte Helm auf!

Ob eine Helmpflicht die Lösung wäre? Schließlich waren staatliche Zwänge schon immer ein Bestandteil erfolgreicher Verkehrssicherheitsarbeit. Über 20.000 Menschen sind 1970 im Verkehr gestorben. Dann kam 1976 die Anschnallpflicht. Doch erst das 1984 eingeführte Verwarnungsgeld brachte die Autoinsassen dazu, den Gurt auch zu benutzen – und binnen eines Jahres sank die Zahl der Verkehrstoten in der Bundesrepublik um fast 20 Prozent. Eine Helmpflicht ist aber eine andere Sache. Sie würde das Gegenteil bewirken und mehr Leute vom Radfahren abhalten, so die Befürchtung diverser Experten.

Und so besteht die wichtigste Aufgabe eines Verkehrsberaters darin, seine Schüler (ob Eltern oder Kinder) dafür zu sensibilisieren, dass der Straßenverkehr permanente Aufmerksamkeit erfordert. „Das eigentliche Training findet nicht an zwei Vormittagen in der Schulzeit statt – Radfahren ist lebenslanges Lernen auf der Straße. Und Fahrradtraining muss praktisch immer stattfinden, wenn Familien gemeinsam unterwegs sind“, weiß Guido Meitler.  Was dabei den Eltern vermittelt wird, sind nur die „Basics“. Wichtiger ist, was sie an ihre Kinder weitergeben.

 

Straßenverkehr ist herausfordernd …

Die Grundschüler sind nach mehrtägigem Theorietraining weitgehend eifrig, wenn auch nicht immer mit großem Ernst bei der Sache. Zu zweit hinter einem/r Erwachsenen herzufahren und die Kommandos zu wiederholen, macht schließlich großen Spaß, auch wenn es ganz schön schwierig ist. Als routinierter Stadtfahrer macht man sich nicht klar, was für eine kognitive Leistung bereits eine einfache gleichberechtigte T‑Kreuzung ist. Jetzt dürfen die Kinder vorfahren; der Polizist wartet schon und ruft in die schmale Straße hinein: „Wir biegen links ab.“ Augenblick noch – erst muss der Polizist mit einem diskussionsfreudigen Autofahrer sprechen, der das Sackgasse-Schild nicht gesehen hat und nicht verstehen will, dass er hier nicht nach rechts in die Einbahnstraße abbiegen darf. In einer solchen Situation kann der ruhige, freundliche Mann auf einmal sehr verbindlich werden – Ausreden verfangen nicht. Die Eltern-Kinder-Trios stauen sich derweil im Wohngebiet; eine gute Gelegenheit, noch mal das Absteigen nach rechts zu üben und sich die Vorgehensweise an der Kreuzung zu vergegenwärtigen: erstes Umschauen – Handzeichen – zweites Umschauen – in den Kreuzungsbereich vortasten – Vorfahrt achten rechts – Kontrollblick links – noch mal Schulterblick? – Vorfahrt achten rechts – Kontrollblick links – und dann in großem Bogen abbiegen (nicht die Kurve schneiden!).

 

… gerade für Kinder

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Einen Meter Abstand zu den parkenden Autos zu halten klingt nicht kompliziert, doch dabei gleichzeitig einzuschätzen, wie weit man sich zur Straßenmitte orientieren darf, überfordert so manchen Viertklässler. Über die Problematik, sich als kleiner Radler links einzuordnen, könnte der Hauptkommissar aus dem Stand eine Abhandlung schreiben. Mit jeder Runde, die Mädchen und Jungs durch die Straßen des Viertels führt, wird dem mitradelnden Elternteil noch stärker bewusst, wie kompliziert Verkehr bereits in dieser stillen Wohngegend ist.

 

Spaß am Radfahren fördern

Den Fahrradparcours auf dem Schulhof zu betreuen, ist da deutlich einfacher, aber nicht weniger lehrreich. Ein langes Metallbrett, auf dem man sauber geradeaus fahren muss; eine Schale, aus der man im Vorbeifahren einen Tennisball greifen soll; Durchfahren der Rindenmulchgrube des Klettergerüsts; ein mit „Hütchen“ abgesteckter Parcours und dann noch die Holperstrecke aus unterschiedlich hohen Holzscheiben sowie die Station „Vollbremsung“. „Das reicht, um die geübten Radfahrer nicht zu langweilen und die weniger geschickten Kinder vor Aufgaben zu stellen, die sie nach einigen Anläufen mit dem entsprechenden Erfolgserlebnis bewältigen können“, sagt Guido Meitler. Mini-Pumptracks und Treppenfahren müssen dabei nicht sein – das kann schnell überfordern.

Nicht zuletzt bietet die Teststrecke Anlass dazu, über unterschiedliche Fahrradkonzepte und Sitzhaltungen zu räsonieren. „Die Nutzer kleinerer Fahrräder sind koordinativ meist im Vorteil. Etwas zu groß gekaufte Bikes erschweren sicheres Fahren“, erklärt Meitler. Was am Testparcours auffällt: Auf manchem Kinder-Mountainbike ist die Sitzhaltung so gebeugt, dass das Verkehrsgeschehen nur eingeschränkt überblickt werden kann. Und Verfechter leichter, sportlicher Bikes kommen ins Grübeln, wenn der Verkehrsexperte auf einen wichtigen Vorzug der Nabenschaltung hinweist: Wer auf dem Weg zum Halteschild das Schalten vergisst (was bei Kindern schnell vorkommen kann), braucht auf einem Rad mit Kettenschaltung einfach zu lange, um über die Kreuzung zu kommen, während die Nabenschaltung auch schnell noch im Stand bedient werden kann.

 

Ein Aufkleber muss sein

Zum krönenden Abschluss der Fahrradtrainings werden die Verkehrswacht-Aufkleber vergeben – natürlich nur an jene, die beim Fahrradcheck ein voll funktionsfähiges Rad vorweisen konnten bzw. eventuelle Mängel seitdem beseitigen ließen. Eine Prozedur, die angesichts der aktuellen Bestimmungen zur Fahrradbeleuchtung eigentlich überholt ist, den Kindern aber ziemlich wichtig scheint. „Wir mussten allerdings schon öfter feststellen, dass manche Verkehrsprüfer leider nicht auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Beispielsweise werden an unseren neuen Modellen mangelnde Speichenreflektoren moniert, es sind aber durchweg reflektierende Reifen verbaut“, berichtet Meitler. Beim Thema Akku-Beleuchtung sind sich die Experten allerdings einig: Eine fest installierte Lichtanlage ist am Kinderrad deutlich sinnvoller. „Viele Grundschulkinder sind ohne Licht unterwegs, weil sie die Lampen zuhause vergessen haben oder nicht montieren, aus Angst, sie am Fahrrad zu vergessen“, weiß Sebastian Göttling von Lichtexperten Busch & Müller. Wieder so ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis, wie wir ihn den vergangenen Tagen öfter erlebt haben.

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Am Ende dürfen zwei Schüler den kleinen Aufkleber nicht entgegennehmen – sie haben kein eigenes Fahrrad und waren mit dem Leihrad dabei. Und dort, wo die Bremse immer noch nicht funktioniert, nimmt die Klassenlehrerin den Sticker in Verwahrung. Ohnehin wundert man sich, wie viele Kinder zur offiziellen Fahrradkontrolle mit mängelbehafteten Rädern erscheinen. „Hier sind die Eltern in der Pflicht. Das beginnt schon beim richtigen Aufpumpen der Reifen“, plädiert Meitler. Gewirkt hat das Fahrradtraining bei den Anwesenden: Wie ein richtig „fettes“ Handzeichen auszusehen hat, kann man sich vom Filius in den nächsten Tagen immer wieder erklären lassen. Und den Begriff „eckiges Spiegelei“ für das rautenförmige Vorfahrtstraße-Schild wird man so schnell auch nicht vergessen. Vom Uhu ganz zu schweigen.

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